FARBE BEKENNEN! Enderle & Moll - Weinrallye #92
© wiesengenuss |
Heute bin ich doch noch auf den Zug aufgesprungen, nachdem ich - viel zu spät - das Thema der November Weinrallye #92 gelesen habe: Farbe bekennen! Da fiel mir dann doch noch was ein...
Mein Tunnelblick nach den letzten, beruflich bedingten Stresswochen weitet sich.... Auf meinem Küchentisch stehen zwei Weine, die mir vor ein paar Wochen Sven Enderle vom Weingut Enderle & Moll in Südbaden mitgebracht hat. Sie leuchten! Sie strahlen mich an mit ihrer Farbigkeit. Draußen ist alles grau und naßkalt, kein Ausflugswetter, eher ein Wetter für den Schaukelstuhl. Musik hören, kochen, Wein trinken. Soll ich sie aufmachen oder soll ich doch noch warten? Soll ich es mal ausprobieren, die Weine monatelang stehen zu lassen, um dann zu sehen, wie sie reifen? Ach, Sch.... drauf, ich mach sie auf!!! Die Neugier ist einfach zu groß. Geöffnet lass ich sie dann noch eine Weile kühl stehen, bin gespannt, wie sie sich dann entwickeln.... so war der Gedanke.
Fotografie © Rachel Wirth |
Fotografie © Rachel Wirth |
Zurück zu den beiden Farbstrahlern auf dem Küchentisch. Der "Müller" strahlt mich in sonniger Farbe strohgelb an, er moussiert noch leicht - der Burgunder Weiß & Grau ist dunkler, er strahlt in Orange mit einem Hauch graubraun. Helle durchsichtige Zwiebelschalenfarbe würde ich es nennen. Farben wie hier auf dem Bild von Rachel Wirth, entstanden an einem sonnigen Novembertag im Jahr 2013. Ich vergleiche auch gerne mit der Farbe reifer Weißburgunder Beeren. Durch die verlängerte Maischestandzeit hatten sie längeren Kontakt mit der Beerenhaut, daher die Farbe. Auf Schwefelung wurde weitgehend verzichtet. Das brauchen die Weine von E&M auch nicht, denn sie produzieren bei der Gärung genug eigenen Schwefel (man spricht von 1 bis 30 mg/l der "natürlicherweise" entsteht). Und die Tannine aus der Beerenhaut geben dem Wein nochmal zusätzliche Stabilität. Und dann gibt das Holzfass nochmal Tannine ab. Und die Lagerung auf der Vollhefe schützt ebenfalls vor Oxidation. Tannine = pflanzliche Gerbstoffe, und die sind ja bekanntlich ein natürliches Pflanzenschutzmittel, das die Rebe selber produziert und für Haltbarkeit und Schutz vor Mikroorganismen sorgt.
Foto: Ute Mangold |
Fotografie © Rachel Wirth |
Foto: Ute Mangold |
Da fällt mir ein, sie verwenden ja doch Filter ;-)
Doch nur für das Getier, das oben auf der Maische schwimmt...
Und nein, es sind keine "Orange Weine", sie lagen nur länger auf der Maische, sie sind aber nicht Maischevergoren. (Siehe auch mein Beitrag zum damaligen Symposium im Rheingau: Orange Wine - Maischevergorene Weißweine).
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MÜLLER 2014
Ich öffne die Flasche, leicht zu öffnen durch den Drehverschluss. Ein leichtes Plopp, er moussiert noch, ein paar kleine Hefereste am Flaschenboden. Er lässt sich leicht trinken, trotz seiner Vielschichtigkeit. Aromen von Quitte, Stachelbeere, ganz deutlich Bratbirne, aber ohne Butter (um mit Gampe zu sprechen), ein wenig Kräuter. Also, der Müller überlebt keine paar Tage im Kühlschrank, dazu ist er zu lecker.
Ich öffne die Flasche, leicht zu öffnen durch den Drehverschluss. Ein leichtes Plopp, er moussiert noch, ein paar kleine Hefereste am Flaschenboden. Er lässt sich leicht trinken, trotz seiner Vielschichtigkeit. Aromen von Quitte, Stachelbeere, ganz deutlich Bratbirne, aber ohne Butter (um mit Gampe zu sprechen), ein wenig Kräuter. Also, der Müller überlebt keine paar Tage im Kühlschrank, dazu ist er zu lecker.
Das Etikett. Die mit dem Weingut befreundete Künstlerin Kim Howard hatte die richtige Intuition und genau die Farben auf das Etikett gebracht, die die Aromen des Müllers wiederspiegeln: Gelb steht für das reife Quittenaroma, Hellgrün für Stachelbeere und das Olivgrün für eine gewisse Kräutrigkeit: Stevia, Süßkraut, passt. Der Müller ist nicht ganz durchgegoren und hat noch etwas Restsüsse. Was ihm gut steht, denn durch die Reste von Gärkohlensäure besitzt er eine lustige Spritzigkeit.
"Auch dieser Grauburgunder wurde von uns -genauso wie unsere Pinots und der Rose- mit Hilfe unserer Spindelpresse verarbeitet und anschließend in gebrauchte Barrique-Fässer gelegt. Dies und der geringe Ertrag prägen diesen Wein und geben ihm seinen eher milden, cremigen und mineralischen Charakter! In der Nase herrschen eher Aromen vor, die an Feuerstein und Zitrusfrüchte erinnern, die dann am Gaumen durch Quitten, Renekloden und nussige Aromen ergänzt werden..."
Und wie schmeckt er, mein Eindruck...? Erster Gedanke: "Mist! Es war doch Jungfrauenmord" :-( Natürlich viel zu früh aufgemacht. Auch er moussiert noch, die Hefe hat sich noch nicht ganz abgesetzt. Ich habe den Burgunder bei der Arbeit gestört!! Er ist empört und zeigt sich erstmal von der unfreundlichen Seite. Ich lasse ihn wirken.....im Mund entwickeln sich erste Aromen, keine fröhliche Primärfruchtigkeit, eher verhalten, streng, fordernd, ein wenig bitter. Quitte, Renekloden, das Weiße in den Zitrussschalen.... eine feine Länge entwickelt sich...Okay, ich lasse ihn ruhen und probiere morgen weiter.
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Die beiden Winzer bekennen Farbe, ja! #weingegenrassismus
© Weingut Enderle-Moll |
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Die Weinrallye ist ein derzeit monatlich stattfindendes Blogevent. Jeweils ein anderes Blog bestimmt ein Thema und ruft die Blogosphäre dazu auf, zu diesem Thema einen Artikel zu verfassen. Sinn und Zweck einer Weinrallye ist einzig und alleine der Spass und die Motivation schöne Themen aufzuarbeiten.
Schön gesagt, auch nachvollziehbar: Die Weine "strahlen mich an mit ihrer Farbigkeit". Und Du hast mir zwei Weine näher gebracht, die ich kennenlernen möchte, vielleicht weil sie anders sind, vielleicht weil sie - schon rein optisch - das Etikett gefällt mir ausserordetlich - das Gewohnte durchbrechen. Täglich stehen Weine vor mir, doch wann strahlen sie mich an? Als Geschichtenerzähler - meist Weingeschichten - höre ich gerne zu, wenn andere Geschichten erzählen. Und Deine Geschichte ist gut, sehr gut sogar. Sie strahlt mich an. Danke. Peter.
AntwortenLöschenDankeschön! Das freut mich sehr, wenn das Strahlen der Weine und die Geschichte, dich dazu verleitet, sie auch mal zu probieren. Ja, sie sind anders! Das mit dem Etikett leite ich gerne weiter.
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